Rechtliche Rahmungen politischer Herrschaft (11. – 15. Jahrhundert)

F. Rechtliche Rahmungen politischer Herrschaft (11. – 15. Jahrhundert)

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I. Einführung 

Fragen:

Welche Entwicklungstendenzen lassen sich ungefähr seit dem 11. Jh. zunehmend beobachten?

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• Zwei grundlegende Tendenzen

Rechtliche Strukturierung von Asymmetrien politischer Herrschaft durch

– allmählich auftauchendes Lehnswesen

– Herrscherliche Normsetzung und Normanwendung mit Bezug auf Territorien

Vergemeinschaftungen von Herrschaft durch autonome Unterwerfung unter gemeinsame Regeln

– Gottes- und Landfrieden

– Autonome Verbandsbildungen als coniurationes (Schwurgemeinschaften)

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II. Lehnsrecht (1)

Fragen:

Wie lässt sich das Lehnsrecht idealtypisch beschreiben?

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• Lehnsrecht als Ordnung von Herrschaft unter Freien/Adeligen

– Miteinander eines personalen und eines dinglichen Elementes

– Vasallität, Vasallentum: Persönliche Leistungs- und Treuepflicht (durch Eid bekräftigt)

– Beneficium, Lehen: Gabe des Lehnsherrn an den Vasallen

– Landbesitz

–  Herrschaftsrechte (insbesondere Ämter), seit 12. Jahrhundert sowie Geld (Geldlehen)

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II. Lehnsrecht (2)

Fragen:

Wie wurde das Lehnsrecht begründet? Wie wurde es beendet? 

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• Begründung

– Treueid des Vasallen und des Herren

– seit 11. Jahrhundert zusätzlich auch vasallitische Huldleistung in Form des homagium (Anerkennung der Überordnung des Lehnsherren)

– Vergabe des Lehens durch Lehnsherren (investitura)

Ende: Grundsätzlich mit dem Tod des Herren oder des Vasallen (Mannfall), aber Erneuerung des Lehensverhältnisses durch Erben möglich

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II. Lehnsrecht (3)

Fragen:

Welche Pflichten trafen, idealtypisch gesehen, den Vasallen, welche den Lehnsherrn?

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• Pflichten des Vasallen

– Heeresfolge

– Begleitung zum Hof des Herrschers

– Mitwirkung am Lehnsgericht (zuständig für Konfliktschlichtung zwischen Lehnsherren und Vasallen)

– Rat und Hilfe (consilium et auxilium)

– Treuepflicht – bei Verstoss (Felonie – fello: Verräter): Entzug des Lehens

 

• Pflichten des Lehnsherrn

– Vergabe des Lehens

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II. Lehnsrecht (4)

Fragen:

Was bedeutet der Begriff Heerschild? Welche Fragen wurden durch die Heerschildordnung geregelt?

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• Wer von wem Lehen empfangen kann

• Wer an wen Lehen vergeben kann

• Ausformung bei Eike in insgesamt sechs Ebenen – Heerschilden

• Vorstellung von Verbot der Lehenniederung:

Lehen können nur vom je höheren Heerschild empfangen werden

 Anderenfalls – wegen Homagium – Abstieg unter Lehnsstufe des neuen Lehnsherren

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II. Lehnsrecht (5)

Fragen:

Was bedeutete das Lehnsrecht für das Herrschaftsgefüge im spätmittelalterlichen Reich? Welche Rolle spielte dabei der Kaiser?

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• Lehnsrecht damit Baustein für rechtlich geordnete Herrschaftsgefüge

– Königliche Herrschaft lehnsrechtlich abgestütztc

– Beziehung des Hochadels zum König lehnsrechtlich hervorgehoben

– Kennzeichnend: Reichsfürsten im Reich

• Belehnung durch den Kaiser mit Territorien aus Reichsgut

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II. Lehnsrecht (6)

Fragen:

Welche zwei Typen von Reichsfürsten werden unterschieden? Seit wann ist dies belegt?

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• Zwei Typen

– Geistliche Reichsfürsten (Szepterlehen)

– Weltliche Reichsfürsten (Fahnenlehen)

• Belegt seit dem 12. Jahrhundert als Träger eines besonderen honor imperii (Friedrich I.)

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III. Beginn der Landesherrschaft (1)

Fragen:

Ab welchem Jahrhundert entstand eine neue Herrschaftsform, auf welcher Ebene spielte sich diese ab und was für eine Änderungen brachte sie mit sich?

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• Seit etwa dem 13. Jh. entsteht neue Herrschaftsform auf der Ebene der Territorien

– Herrschaft beruht auf der Zugehörigkeit zu einem Gebiet

– Herrschaft wird damit abstrakt – in Kategorien von Sachherrschaft – vermittelt

– 1231/32: Bezeichnung der Landesherren als domini terrae

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III. Beginn der Landesherrschaft (2)

Fragen:

Welche Instrumente spätmittelalterlicher Landesherrschaft lassen sich benennen?

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• Intensivierung von Herrschaft durch domini terrae

– Gerichtsrechte

– Entstehung von Strukturen einer Verwaltung

– Einsatz von Ministerialen, die nicht durch Lehen, sondern anderweitig entschädigt werden

– Entstehung von zentralen Verwaltungsinstitutionen (v. a. Rat) zur Ordnung von Herrschaft

– Erste Ansätze von Steuererhebung (Beden)

– Normsetzung für Herrschaftsunterworfene

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III. Beginn der Landesherrschaft (3)

Fragen:

Welche Gegenspieler erwuchsen den domini terrae seit dem 13. Jahrhundert zunehmend?

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• Den Landesherren stehen die Adeligen und der Klerus (teilweise auch die Städte) des Landes gegenüber

• Bereits 1231 Rechtssatz, wonach Landesherr ohne consensus maiores et meliores terre kein neues Recht schaffen kann

• Organisation von ländlichem Adeligen, Klerus in sog. Landständen/Landtage oder ähnlichen Körperschaften – Beispiel: Magna Charta 1215 mit parliamentum

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IV. Gottesfrieden, Landfrieden und Schwureinigung (1)

Fragen:

Definieren Sie den Terminus Gottesfriede. Danach zeigen Sie dessen Ursprung und spätere Entwicklung auf.

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• Gottesfriede

Pax dei – convenientia pacis – pactum sive treuga

– Kirchlich gesetzter, v. a. aber mit den principes eidlich gelobter Sonderfriede

– Verbreitungszeit: 10.-12. Jahrhundert, ausgehend von Frankreich

– Geltungsgrund

Ursprünglich

– Bischöfliches Gebot, sanktioniert durch Exkommunikation

– Teilweise: Herrscherliches Gebot gegenüber Untertanen

Später: (Kirchlich vermittelte) Schwureinung der Waffenträger

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IV. Gottesfrieden, Landfrieden und Schwureinigung (2)

Fragen:

Wann wurde der Terminus Landfrieden erstmals in Quellen überliefert? Welche Entwicklungsformen hatte er?

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• Landfrieden

– Terminus seit spätem Mittelalter in Quellen überliefert, allgemein auch auf frühere Zeit übertragen

Entwicklungsformen

• Ursprünglich begrenzte lokale beschworene Einungen mit Friedensgarantien zur Zurückdrängung der Fehde

• Seit Friedrich Barbarossa (1152-1190) Übergang zu königlicher Gesetzgebung (mit Elementen der Eidesverpflichtung)

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IV. Gottesfrieden, Landfrieden und Schwureinigung (3)

Fragen:

Welche Regelungselemente lassen sich in Landfrieden ausmachen?

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• Fehdebegrenzungen mit territorialen Anknüpfungspunkten

• Strafrechtsnormen mit Wirkung für alle Friedensbeteiligten:

– Kriminalität wird damit Angelegenheit aller

– Abkehr von Modell horizontalen Unrechtsausgleichs (Fehde, Busse)

– Entstehung des öffentlichen Strafrechts: Strafverfolgung als Angelegenheit hoheitlicher Gewalt

• Bestimmungen über Gerichtsbarkeit: Stärkung der Gerichtsgewalt

• Sanktionen

– Friedensbruch mit Sanktionen durch Eidgemeinschaft und/oder Herrscher

– Sanktionen für Begehung von Delikten, auch und gerade durch peinliche Strafen/Todesstrafen

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IV. Gottesfrieden, Landfrieden und Schwureinigung (4)

Fragen:

Inwiefern waren Landfrieden eigentlich Schwurgemeinschaften (coniurationes)? Können Sie weitere Beispiele für eine Schwurgemeinschaft nennen?

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• Eid als Grundlage selbstbestimmter Normsetzung und Landfriedensgemeinschaften Ausgangspunkt für weitere Verbandsbildungen

• Typisches Beispiel: Eidgenossenschaft – Grundlage („Erster“) Bundesbrief (angeblich 1291, wohl erst kurz nach 1300)

– Bundesbrief als Defensivbündnis

– Bundesbrief als Landfriedensbündnis

– Bundesbrief damit als Grundlage von überregionaler Verbandsbildung mit allerdings zunächst begrenzter institutioneller Dichte

Aber: Ausgangspunkt für zunehmende Verflechtung durch weitere Bundesbriefe und Bündnisse

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